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PROJEKTE | 2017 | MUKRAN

MUKRAN

Honeckers Superhafen

ARD-Reihe: "Geheimnisvolle Orte"

Autor & Regie:
Daniel Ast | Jürgen Ast

Co-Autor:
Wolfgang Klietz

Redaktion:
Jens Stubenrauch

Länge:
45'

Produzent:
Daniel Ast | Jürgen Ast

Koproduktion:
astfilm pictures UG | RBB // ARD | gefördert mit Mitteln der Bundeststiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Der Fährhafen Mukran auf der Insel Rügen - die modernsten und größten Schiffe der DDR verbanden von hier aus das kleine Land direkt mit der Sowjetunion. Eisen, Kohle und Kinderwagen fuhren sie offiziell über die Ostsee. Getarnt im Bauch der Schiffe auch Soldaten, Panzer und Raketen für Atomsprengköpfe. Mukran war eine Hauptschlagader des DDR-Handels und ein geheimnisumwitterter, strategischer Ort im Kalten Krieg.

Für den ersten Mann der DDR, Erich Honecker, war Mukran ein Prestigeprojekt. Ein Beweis für die feste Freundschaft zur Sowjetunion, aber vor allem ein Aushängeschild für die Potenz der DDR-Wirtschaft. Ein Projekt der Superlative. Die extra für den "Seeweg der Zukunft" konstruierten Schiffe kamen ins Guinnesbuch der Rekorde als "Größte Eisenbahnfähren der Welt". Mitten im Urlauberparadies stampften über 3.500 Bauarbeiter in nur viereinhalb Jahren das größte DDR-Verkehrsprojekt der Ära Honecker aus dem Boden. Unter ihnen NVA-Soldaten, dabei auch Wehrpflichtige, die den Dienst an der Waffe verweigert hatten. An keinem anderen Ort des Landes setzte die Staatsführung so viele "Bausoldaten" ein wie in Mukran. "Bauarbeiten unter Gefechtsbedingungen" lautete der Befehl.

Die Schiffe, der Güterbahnhof und die Hafenanlage kosteten mehr als zwei Milliarden DDR-Mark, ein beispielloser Kraftakt. Entscheidende Beweggründe für die Fährverbindung waren die massiven Forderung der polnischen Regierung nach Transitgebühren in harter Währung, aber auch die politischen Entwicklungen dort. Nach den Erfolgen von Solidarnosc fürchtete der Warschauer Pakt, dass der Transitweg zwischen der DDR und der Sowjetunion versperrt werden könnte - ein Desaster im Frieden und erst recht im Ernstfall. Eine Ausweichroute musste her - der Weg über die Ostsee.

Nicht nur die DDR-Staatssicherheit hatte den Hafen und die Schiffe stets fest im Blick, auch die westlichen Geheimdienste interessierten sich intensiv für diese wichtige strategische Verkehrsverbindung des Warschauer Paktes im Kalten Krieg. Waffen für die 500.000 Mann starke sowjetische Armee in der DDR, aber auch geheime Truppentransporte der NVA-Raketeneinheiten gingen über Mukran. Eine ähnliche Verbindung mit Eisenbahnfähren von Klaipeda nach Schleswig-Holstein war in Planung. Ministerpräsident Uwe Barschel war begeistert, sogar Bundeskanzler Helmut Kohl gab dem Projekt seinen Segen. Doch die NATO-Partner der Bundesrepublik fürchteten den Bau von Spionagebasen in Kiel und Lübeck. Das MfS war über die Verhandlungen zwischen Bonn und Moskau bestens informiert. Ein bis heute unbekannter Spitzel kabelte stets die neuesten Ergebnisse nach Ostberlin.

Nach dem Ende der DDR erlebte Mukran nochmals einen Boom: Mit den Fähren wurde fast die Hälfte des Waffenarsenals der in Deutschland stationierten sowjetischen Streitkräfte in die Heimat transportiert. Die Schiffe, die einst Truppen in den Westen bringen sollten, waren jetzt nach Osten unterwegs. Ein bis heute geheimes und brisantes Kapitel sind dabei die Transporte von Atomsprengköpfen über den Rügener Fährhafen.

Mukran - eine filmisch noch nicht erzählte, in vielen Aspekten unaufgearbeitete, außergewöhnliche und spannende Geschichte. Ein geheimnisvoller Ort mit vielen Geschichten. Ein Ort, der Geschichte schrieb.